Wirtschaft
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17.06.2020

Stahlbranche und Zulieferindustrie: Stimmungsbild in der Corona-Krise

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Stahl + Technik

Stahlbranche und Zulieferindustrie: Stimmungsbild in der Corona-Krise

Die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen der globalen Corona-Pandemie sind überall spürbar. Ein möglicher Zusammenbruch der globalen Lieferketten, Rezession, Umsatzeinbrüche, drohende Arbeitslosigkeit und Insolvenzen bedrohen alle Wirtschaftsbereiche. Die ersten Lockerungen beflügeln die Hoffnungen und Fantasien, die Verwerfungen werden jedoch noch lange nachwirken, wie Experten immer wieder betonen. Nachfolgend haben wir ein aktuelles Stimmungsbild eingefangen, welche Auswirkungen die Krise auf die Stahlbranche und deren Zulieferer hat und welche Strategien die verschiedenen Unternehmen für die „Zeit danach“ haben. Neben den Ergebnissen unserer eigenen Befragung hat die Redaktion auch Bilanzzahlen einiger Unternehmen ausgewertet.

Die Redaktion STAHL + TECHNIK hat Stahlverbände, Stahlerzeuger und die Zulieferindustrie zu folgenden Themenbereichen befragt:

  • „„ wirtschaftliche Auswirkungen der Corona-Pandemie
  • „„ getroffene Maßnahmen
  • „„ Auswirkungen auf globale Lieferketten
  • „„ benötigte politische Rahmenbedingungen
  • „„ Exit-Strategien und Prognosen.

Aus den zum Redaktionsschluss vorliegenden Antworten und den gemeldeten Quartalsberichten der Unternehmen haben wir ein aktuelles Stimmungsbild erstellt.

Das Stimmungsbild aus der Branche zeigt, dass die wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie auch in der Stahlbranche überall spürbar sind. - © pixabay.com/Alexandra Koch
Das Stimmungsbild aus der Branche zeigt, dass die wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie auch in der Stahlbranche überall spürbar sind. © pixabay.com/Alexandra Koch
Wirtschaftsvereinigung Stahl

Die Stahlindustrie in Deutschland ist massiv getroffen von den Folgen der Corona-Pandemie. Die Nachfrage ist durch den „Shutdown“ in zentralen Kundenbranchen dramatisch eingebrochen. Die Stahlunternehmen in Deutschland passen individuell ihre Produktion an. Zudem wird das Instrument der Kurzarbeit verstärkt genutzt.

Um einen Beitrag zur Verringerung des Infektionsrisikos zu leisten und Familien zu unterstützen, in denen Kinder auf eine Betreuung angewiesen sind, haben wir den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Wirtschaftsvereinigung Stahl die Arbeit aus dem Homeoffice ermöglicht, so der Stahlverband. Auf Dienstreisen und persönliche Treffen wird aktuell verzichtet. Hier greifen wir verstärkt auf digitale Möglichkeiten zurück.

Die Bundesregierung hat in den vergangenen Wochen ein umfassendes Maßnahmenpaket beschlossen, insbesondere um akute Liquiditätsprobleme infolge des Lockdowns zu mildern. Zusätzliche politische Maßnahmen müssen nun den industriellen Hochlauf absichern. Sorge macht der Stahlindustrie derzeit besonders die außenwirtschaftliche Situation: Hersteller in anderen wichtigen Stahlregionen haben ihre Produktion trotz veränderter Rahmenbedingungen hochgehalten. Das hatte zur Folge, dass hohe Lagerbestände aufgebaut wurden, die angesichts unzureichender Binnennachfrage nun drohen auf die Weltmärkte zu drängen. Werden die EU-Safeguards nicht umfassend angepasst, ist eine dramatische Importkrise auf dem EU-Stahlmarkt zu erwarten.

Die Auswirkungen der Corona-Krise sind dramatisch: Die Stahlnachfrage könnte auf ein noch niedrigeres Level schrumpfen, als es im Zuge der Finanzkrise 2009 der Fall gewesen ist. Vor allem im zweiten und dritten Quartal ist mit historischen Einbrüchen zu rechnen. Ob und wie sich die Stahlbranche in Folge der Corona-Pandemie verändern wird, hängt maßgeblich von den politischen Weichenstellungen ab. Was vor der Krise galt, gilt auch danach. Es braucht eine Perspektive für eine nachhaltige Stahlproduktion in Deutschland und Europa. In einem gemeinsam mit dem Bundeswirtschaftsministerium erarbeiteten Handlungskonzept Stahl sind die Voraussetzungen beschrieben, die hierfür notwendig sind: Chancengleichheit auf dem globalen Stahlmarkt, die Vermeidung von Carbon Leakage und die politische Flankierung der Transformation hin zu einer CO2-armen Stahlproduktion.

Die Auswirkungen der Corona-Krise spürt auch thyssenkrupp deutlich. - © thyssenkrupp
Die Auswirkungen der Corona-Krise spürt auch thyssenkrupp deutlich. © thyssenkrupp
thyssenkrupp

Die Corona-Pandemie belastet thyssenkrupp. Der Umsatz liegt trotz überwiegend robuster Industriegütergeschäfte im 1. Halbjahr 2019/2020 unter dem des Vorjahrs. Das operative Ergebnis liegt insbesondere durch Corona-Pandemie und negative Marktentwicklung bei Steel Europe
unter dem Vorjahr.

Die Geschäftsentwicklung von thyssenkrupp war im 1. Halbjahr des laufenden Geschäftsjahres 2019/2020 maßgeblich von ersten Auswirkungen der Corona-Pandemie geprägt. Zudem machten sich insbesondere die schwache Autokonjunktur sowie Preis- und Mengeneinbußen in den Werkstoffgeschäften negativ bemerkbar. Vor diesem Hintergrund ging der Auftragseingang um 8 % auf 15 Mrd. € im Vergleich zum Vorjahr zurück. Der Umsatz fiel um 4 % auf 15,9 Mrd. €. Trotz sofortiger Gegenmaßnahmen im Zuge der Corona-Pandemie lag das bereinigte EBIT mit –443 Mio. € deutlich unter dem Vorjahreszeitraum (55 Mio. €), was insbesondere auf die Entwicklung bei Steel Europe zurückzuführen ist.

Das schwache Marktumfeld und Preisrückgänge in nahezu allen Produktsegmenten bekam die Business Area Materials Services weiter zu spüren. Hinzu kamen negative Effekte aus der pandemiebedingten temporären Schließung des italienischen Edelstahlwerkes AST in der zweiten Märzhälfte. Auftragseingang und Umsatz entwickelten sich mit Rückgängen um 11 bzw. 9 % negativ. Vor allem die Entwicklung im lagerhaltenden Handel sowie in den automobilnahen Servicecentern in Europa und Amerika belasteten das Geschäft und führten zu negativen Effekten. Entsprechend blieb auch das bereinigte EBIT mit 38 Mio. € erwartungsgemäß unter dem Vorjahr (75 Mio. €).

Auch die Geschäftsentwicklung von Steel Europe war weiterhin durch die strukturell äußerst herausfordernde Lage im Stahlmarkt gekennzeichnet. Die insgesamt nachlassende Marktdynamik macht sich insbesondere auch in einem gesunkenen Erlösniveau bemerkbar. Die bereits zu Anfang des Quartals spürbar gesunkene Nachfrage aus der Automobilindustrie ist in der zweiten Märzhälfte pandemiebedingt noch weiter eingebrochen.

Auftragseingang und Umsatz lagen mit 9 bzw. 11 % unter Vorjahr. Das bereinigte EBIT rutschte durch die pandemiebedingt rückläufigen Versandmengen und den anhaltenden Kostendruck mit –372 Mio. € in die Verlustzone (Vorjahr: 76 Mio. €). Ende März wurde durch die Einigung mit der IG Metall der Startschuss für die sofortige Umsetzung der Stahlstrategie 20–30 gegeben, um die Technologieführerschaft und Wettbewerbsfähigkeit langfristig sicherzustellen.

Prognose

Vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie und der damit verbundenen Auswirkungen auf die Gesamtwirtschaft ist die Umsatz- und Ergebnisentwicklung der Geschäfte von thyssenkrupp für die verbleibenden Monate des Geschäftsjahres derzeit nicht im vollen Umfang vorhersehbar. Aus diesem Grund hatte das Unternehmen Ende März seine Prognose für das laufende Geschäftsjahr zurückgezogen. Bereits absehbar ist, dass infolge der vorübergehenden Werksschließungen und Produktionsrücknahmen der Kunden aus der Automobilindustrie der Umsatz der fortgeführten Aktivitäten vor allem im 2. Halbjahr deutlich zurückgehen wird.

Der Salzitter-Konzern will mit einem konsequenten Kosten- und Liquiditätsmanagement die wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie begrenzen (das Bild zeigt die Warmbreitbandstraße) - © Salzgitter
Der Salzitter-Konzern will mit einem konsequenten Kosten- und Liquiditätsmanagement die wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie begrenzen (das Bild zeigt die Warmbreitbandstraße) © Salzgitter
Salzgitter
Entwicklung europäischer Stahlmarkt

War das Jahr 2019 bestimmt von Handelskonflikten und der daraus resultierenden Abkühlung der Weltkonjunktur, steht 2020 mit dem Corona-Virus ein neuer Unsicherheitsfaktor im Fokus des globalen Wirtschaftsgeschehens. Schutzmaßnahmen der Regierungen zur Verlangsamung der Ausbreitung führen zu erheblichen Einschränkungen des öffentlichen Lebens, Produktionsstillständen sowie zu Lieferengpässen und Absatzrückgängen in Unternehmen.

Die zunächst positive Entwicklung der Konjunktur in Europa im ersten Quartal hat dadurch im März einen massiven Dämpfer erfahren. Nachdem in Deutschland die industriellen Aufträge, Umsätze und die Produktion im Januar kräftig gestiegen waren und die Industrie das größte Auftragsplus seit fünfeinhalb Jahren erreichte, machte der Ausbruch der Corona-Pandemie alle Hoffnungen auf eine rasche gesamtwirtschaftliche Erholung zunichte.

Auch in der Stahlindustrie sind die Auswirkungen seit Ende des Quartals deutlich spürbar: Die Auftragseingänge gingen zurück und Kunden  stornierten oder verschoben ihre Bestellungen. Wichtige Abnehmergruppen wie die Automobilindustrie und der Maschinenbau stoppten ihre Produktion teilweise vollständig. In den ersten drei Monaten des laufenden Jahres sind die Automobilproduktion um 20 % und der Export um 21 % gegenüber dem Vorjahr eingebrochen.

Die Stahlnachfrage ging entlang der gesamten Lieferkette spürbar zurück, lediglich die baunahen Branchen liefen weiterhin noch gut. Ein Großteil der europäischen Stahlhersteller ist somit gezwungen, die Erzeugung an die veränderte Nachfragesituation anzupassen. Die globale Stahlindustrie ist nach wie vor von hohen Überkapazitäten gekennzeichnet, die infolge des weltweiten Nachfrageeinbruchs deutlich zunehmen. Dies gilt insbesondere für China: Hier wurde die Produktion im bisherigen Jahresverlauf trotz der Corona-Pandemie sogar noch ausgeweitet und in Folge fehlender Nachfrage enorme Lagerbestände aufgebaut.

Ähnliche Entwicklungen zeigen sich auch in anderen Ländern wie etwa Russland oder der Türkei. Daher ist es für den Stahlstandort Deutschland und Europa existenziell, eine drohende Flut unfairer Importe und Umleitungseffekte mithilfe von an die aktuellen Rahmenbedingungen angepassten EU-Schutzklauselmaßnahmen abzuwenden.

Quartalsergebnis

Der Fokus bei Salzgitter liegt auf der Eindämmung der Auswirkungen der Corona-Krise. Der Salzgitter-Konzern verbuchte im ersten Quartal 2020 –31,4 Mio. € Verlust vor Steuern. Die ab Mitte März spürbaren wirtschaftlichen Beeinträchtigungen der Corona-Krise wirkten sich noch nicht signifikant auf die geringfügig negativen Quartalsergebnisse der stahl- und röhrenproduzierenden Geschäftsbereiche aus. Das Handelssegment wies ein ausgeglichenes Resultat, der Geschäftsbereich Technologie erneut einen Vorsteuergewinn aus. Der Beitrag der at-equity einbezogenen Beteiligung an der Aurubis AG fiel wegen Bewertungseffekten aus Preisschwankungen von Edelmetallen negativ aus.

Vor allem aufgrund der im Jahresvergleich niedrigeren Stahlpreise in Verbindung mit rückläufigen Versandmengen sank der Außenumsatz des Salzgitter- Konzerns auf 2.108,3 Mio. € (Q1 2019: 2.293,8 Mio. €). In den –31,4 Mio. € Ergebnis vor Steuern (Q1 2019: 125,9 Mio. €) sind –18,7 Mio. € Beitrag der nach der Equity-Methode (IFRS-Bilanzierung) ausgewiesenen Beteiligung an der Aurubis AG enthalten (Q1 2019: 50,2 Mio.€). Aus –43,7 Mio. € Nachsteuerverlust (Q1 2019: +96,7 Mio. €) errechnen sich –0,83 € Ergebnis je Aktie (Q1 2019: 1,76 €) sowie –2,4 % Verzinsung des eingesetzten Kapitals (ROCE; Q1 2019: 14,1 %). Die Nettofinanzposition (–415 Mio. €; 31.12.2019: – 140 Mio. €) verringerte sich vor allem aufgrund der Zahlung des Bußgeldes an das Bundeskartellamt. Die Eigenkapitalquote beträgt solide 35,3 % (Q1 2019: 36,9 %).

Vorstandsvorsitzender Prof. Dr.-Ing. Heinz Jörg Fuhrmann zur aktuellen Lage: „Zunächst einmal freue ich mich, dass wir es dank einer Vielzahl von Maßnahmen geschafft haben, die Gesundheit unserer Mitarbeitenden zu schützen und nur eine sehr geringe Anzahl von Infektionsfällen in der Belegschaft zu verzeichnen haben. Hierauf wird auch in Zukunft unser Augenmerk liegen. Darüber hinaus zählen zur bestmöglichen Bewältigung dieser bis dato einmaligen Situation: Motivation, Identifikation und Disziplin. Davon zeugen sowohl die Einführung von Kurzarbeit für weite Teile des Salzgitter-Konzerns wie auch der freiwillige, absolut geräuschlos vollzogene Gehaltsverzicht mehrerer Hundert Führungskräfte im In- und Ausland. Mit konsequentem Kosten- und Liquiditätsmanagement begrenzen wir die wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie. Neue Investitionen werden restriktiv gehandhabt, die bereits angelaufenen strategischen Großprojekte an den Standorten Salzgitter und Ilsenburg jedoch fortgeführt. Damit werden wir für die Zeit nach Corona produktionstechnisch hervorragend aufgestellt sein. Umso wichtiger ist es, dass jetzt die Europäische Kommission – im Zusammenspiel mit den EU-Mitgliedstaaten – die existenziell notwendigen Rahmenbedingungen für die Stahlindustrie in Europa setzt. Das sind die spürbare Anpassung der EU-Zollkontingente an die Nachfrage, wirksame politische Instrumente zur Vermeidung von „Carbon Leakage“ sowie effektive Maßnahmen zur realen Umsetzung der Branchen Dekarbonisierung.“

Ausblick

Die Stabilisierungstendenzen auf dem europäischen Stahlmarkt fanden mit den Wirtschaftseinschränkungen aufgrund der Covid-19-Pandemie ein jähes Ende, vielen Branchen droht eine Rezession ungewissen Ausmaßes. Die Geschäftsentwicklung des Salzgitter-Konzerns  lässt sich in diesem unsicheren Umfeld derzeit nicht in der gewohnten Weise prognostizieren. Die Bandbreite denkbarer Szenarien gestattet keine exakten Quantifizierungen, ohne sich in den Bereich der Spekulation zu begeben.

Vor diesem Hintergrund rechnet der Salzgitter-Konzern für das Geschäftsjahr 2020 mit einem merklich reduzierten Umsatz, einem negativen Vorsteuerergebnis in beträchtlicher, sehr wahrscheinlich dreistelliger Millionen-Euro-Größenordnung sowie einer sichtbar unter dem Vorjahreswert liegenden Rendite auf das eingesetzte Kapital (ROCE).

Tata Steel reagiert mit einer Reihe proaktiver Maßnahmen auf die aktuelle Corona-Pandemie (im Bild der Standort IJmuiden). - © Tata Steel
Tata Steel reagiert mit einer Reihe proaktiver Maßnahmen auf die aktuelle Corona-Pandemie (im Bild der Standort IJmuiden). © Tata Steel
Tata Steel Europe

Ein Unternehmenssprecher von Tata Steel erklärt: „Wir befinden uns aktuell in einer sehr herausfordernden Situation. Das gilt sowohl für unsere Standorte als auch über alle Geschäftsbereiche hinweg. Dabei hat es für uns nach wie vor oberste Priorität, unsere Mitarbeiter und die Gemeinden an den Produktionsstandorten zu schützen.

Hinzu kommt selbstverständlich, die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf uns und unsere Kunden sowie Lieferanten möglichst gering zu halten. Dazu arbeiten wir eng mit den jeweiligen nationalen Behörden zusammen, setzen die Bestimmungen vor Ort um und haben die Schutzmaßnahmen an unseren Standorten entsprechend angepasst.

Die gesamte europäische Stahlnachfrage ist im Vergleich zu normalen Rahmenbedingungen schlagartig zurückgegangen. Viele unserer Kunden, darunter auch europäische Automobilhersteller, haben ihre Produktion unterbrochen. Um dieser geringeren Nachfrage gerecht zu werden, haben auch wir die Produktion an einigen unserer europäischen Werke reduziert. Nichtsdestotrotz betreiben wir auch weiterhin alle vier Hochöfen an unseren Produktionsstätten im niederländischen IJmuiden sowie in Port Talbot in Wales. Es ist auch weiterhin unser Anspruch, die Stahlprodukte zu liefern, die in unserer Gesellschaft unerlässlich sind. Dazu gehören Lebensmittelverpackungen, da insbesondere die Nachfrage nach Konserven gestiegen ist.

Unser Krisenstab beobachtet die aktuelle Situation sorgfältig und ist jederzeit bereit, die von uns getroffenen Entscheidungen auf Basis der aktuellen Nachfrage kritisch zu hinterfragen. Wir befinden uns derzeit in einer sich sehr schnell verändernden Situation. Um die Auswirkungen der Corona-Pandemie so weit wie möglich abzuschwächen, arbeiten wir daher sehr eng mit unseren Kunden und Lieferanten zusammen.“

Die Auswirkungen des Ausbruchs unterscheiden sich bei verschiedenen Stahl verarbeitenden Industrien. Während die Nachfrage in einigen Sektoren wie der Konservenindustrie stabil ist oder steigt, haben Produktionsunterbrechungen in anderen Sektoren eindeutig Auswirkungen.

Der Unternehmenssprecher weiter: „Bei unseren Kunden sehen wir dynamische Herausforderungen über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg. Es ist daher unser Ziel, gemeinsam Lösungen zu finden, sodass wir so bald wie möglich wieder die normale Bedarfsdeckung aufnehmen und gemeinsam daran arbeiten können, unsere Geschäfte wieder aufzubauen.“

Tata Steel hat einen unternehmensübergreifenden Corona-Lenkungsausschuss aus internen Experten eingerichtet. Dieser beobachtet die aktuelle Situation genau, tauscht sich regelmäßig aus und koordiniert unsere Maßnahmen. Zu diesen gehört es auch, Förderprogramme in Anspruch zu nehmen, die von der britischen und niederländischen Regierung zur Verfügung gestellt werden. Darüber hinaus haben wir eine Reihe proaktiver Maßnahmen auf Basis unseres Business Continuity Plans ergriffen.

Dazu gehören:

  • „Soweit möglich, arbeiten unsere Kollegen von zuhause aus und Besucher in den Werken sind untersagt
  • Es gelten strikte Reisebeschränkungen
  • Aufgestockte Vorkehrungen zur besseren Hygiene sowie Vermeidung sozialer Kontakte bei den Kollegen in der Produktion
  • Aufgestockte Ressourcen, die das Arbeiten von zuhause in allen Abteilungen erleichtert
  • Einführung eines Verfahrens zur täglichen Meldung und Überwachung möglicher Infektionen
  • „„Ausarbeitung eines Szenarioplans für Nachfrageveränderungen als Teil der Geschäftsplanung.

Tata Steel arbeite auch weiterhin eng mit den nationalen Regierungen zusammen, um gemeinsam herauszufinden, welche Möglichkeiten der Unterstützung möglich sind. Dabei erwarten wir, dass die Gesamtsituation, in der sich sowohl Tata Steel als auch die gesamte Stahlindustrie befindet, berücksichtigt wird und die politischen Maßnahmen Wirkung zeigen. Tata Steel geht davon aus, dass sich die Corona-Pandemie noch lange auf unseren Geschäftsbetrieb auswirken wird. Jedoch lässt sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht abschätzen, wie lange und in welchem Umfang dies der Fall sein wird. Nichtsdestotrotz ist es unser Ziel, unser operatives Geschäft zugleich sicher und effizient fortzuführen, um unsere Kunden auch weiterhin im Rahmen der Möglichkeiten zu beliefern. Ebenso konzentrieren wir uns darauf, Kapital und Liquidität zu erhalten, um diese herausfordernde  Zeit zu überbrücken.

Auf die Frage nach einer Exitstrategie erklärt der Unternehmenssprecher von Tata Steel: „Wir befinden uns in beispiellosen Zeiten, in denen sich die Situation vor Ort sehr schnell verändert. Wir beobachten die Entwicklungen sorgfältig und sind stets bereit, die von uns getroffenen Entscheidungen auf Basis der Entwicklungen vor Ort kritisch zu hinterfragen. Bei so vielen offenen Fragen ist es derzeit allerdings nicht möglich, eine genauere Strategie zu präsentieren.“ Es sei unmöglich, zu sagen, wie sich die Pandemie in den kommenden Monaten entwickeln wird. Daher sind auch die langfristigen Auswirkungen auf die Stahlindustrie nicht vorherzusehen. Trotzdem müssen sowohl wir als Tata Steel in Europa als auch die gesamte Stahlbranche gemeinsam mit politischen Entscheidern unsere Bemühungen, Stahl nachhaltig zu produzieren, weiter angehen und umsetzen.

Inteco melting and casting technologies

Die Fragen der Redaktion beantwortete Dr. Harald Holzgruber, CEO des Unternehmens: Inteco konnte 2019 ein durchaus erfolgreiches Wirtschaftsjahr verzeichnen. Mit der Corona-Krise konnten jedoch Anfang März 2020 viele potenzielle Aufträge nicht endverhandelt werden, die zu einem durchaus erfolgreichen 1. Quartal geführt hätten. Neben Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit unserer Mitarbeiter wurden natürlich zeitgleich diverse Einsparungen beschlossen sowie um die diversen vom Staat angebotenen Unterstützungen angesucht.

Als internationaler Anlagenbauer und Technologielieferant sind wir von der Corona-Krise sehr betroffen und in unserem operativen Geschäft stark eingeschränkt. Die Abwicklung der bestehenden Projekte wird durch die weltweite Reisewarnung und daher nicht existenten Reisemöglichkeiten stark beeinflusst und wir müssen die vorhandenen virtuellen Möglichkeiten nutzen, um weiter Fortschritte zu erzielen und natürlich auch um weiterhin mit Kunden in Kontakt zu bleiben.

Die Lieferketten sind, was Inteco betrifft, nicht allzu sehr betroffen, da wir keine tägliche Just-in-time-Lieferungen für unser Geschäftsmodell benötigen.

Inteco-CEO Harald Holzgruber hat unsere Fragen beantwortet. - © Inteco
Inteco-CEO Harald Holzgruber hat unsere Fragen beantwortet. © Inteco

Die Kundenbeziehungen wurden teilweise auf eine neue Basis – zumindest für diesen Zeitraum – Stichwort Videokonferenzen – gestellt und das funktioniert relativ gut. Nichtsdestotrotz wirkt sich die Krise auf den Auftragseingang aus. Dennoch konnten wir vor allem kleine neue Auftragseingänge erzielen, größere Abschlüsse werden derzeit aber eher hinausgeschoben.

Wir haben mit Mitte März unseren kompletten Betrieb auf Homeoffice umgestellt. Sämtliche Abteilungen arbeiten seither von zu Hause, was für die Engineeringabteilungen an sich kein Problem ist, da ihre Arbeit sowieso hauptsächlich vor dem Bildschirm stattfindet. Auch unser Baustellenpersonal und unsere Metallurgen sind nach Österreich zurückgekehrt und führen Montagen und Inbetriebnahmen via Fernwartung durch, was durchaus sehr gut funktioniert und auch von den Kunden gut angenommen wird. Dennoch gibt es diverse Verzögerungen in der Projektabwicklung und der Auftragserteilung, da sich auch unsere Kunden in einer wirtschaftlich unsicheren Situation befinden. Aus diesem Grund haben wir in vorausschauender Vorsicht seit April für die kommenden drei Monate Kurzarbeit angemeldet.

Wir nehmen derzeit einige der angebotenen unterstützenden Maßnahmen wie Kurzarbeit und Steuerstundung in Anspruch. Da die eigentliche „Krise“ mit der Eindämmung des Virus in Österreich bzw. in weiterer Folge hoffentlich dann auch weltweit leider noch nicht überstanden ist, hoffen wir, dass diese Maßnahmen sich über einen längeren Zeitraum erstrecken werden, um unsere Wirtschaft und somit auch uns zuversichtlich ins nächste Jahr 2021 gehen zu lassen.

Für Inteco sehr erfreulich waren mehrere „kleinere“ Auftragseingänge im März (u.a. auch aus China), und wir dürfen auch berichten, dass es trotz der Krise einige sehr aussichtsreiche Vorprojekte gibt, welche kurzfristig, d.h. bis Ende des 2. Quartals, vergeben werden können. Eine seriöse Einschätzung der Aussichten bis Ende des Jahres ist sehr schwierig, da vieles von den politischen Rahmenbedingungen und der Geschwindigkeit des wirtschaftlichen Hochfahrens in den verschiedenen Regionen weltweit abhängen wird. Es wird zweifellos ein herausforderndes Jahr für uns alle in diesem Marktsegment werden.

Inteco ist, was das Produktportfolio und Marktdurchdringung betrifft, aufgrund von vielen Anstrengungen und Investitionen in den letzten Jahren relativ gut und breit aufgestellt und somit können wir relativ rasch von einer wirtschaftlichen Erholung in der einen oder anderen Region profitieren und auch unsere Technologien sind sehr innovativ und somit auch in einer Krise gefragt.

Mittel- und langfristig wird sich durch die Pandemie keine Veränderung in der Stahlbranche ergeben, da Stahl als der universellste Werkstoff, der global zur Verfügung steht für die wirtschaftliche Entwicklung unseres Wohlstands, unersetzlich und nicht substituierbar ist und sein wird. Kurzfristig kann selbstverständlich eine globale Wirtschaftskrise dazu führen, dass das eine oder andere Stahlwerk und in weiterer Folge auch Engineering- und Anlagenbaufirmen in wirtschaftliche Schieflage kommen und eventuell auch vom Markt verschwinden.

Andritz-Gruppe

Der internationale Technologiekonzern Andritz verzeichnete im 1. Quartal 2020 eine insgesamt gemischte Geschäftsentwicklung. Während der Auftragseingang mit gut 1,8 Mrd. € über dem Vorjahresvergleichsquartal lag, ging das operative Ergebnis (EBITA) trotz einer geringfügigen Umsatzsteigerung zurück. Die wesentlichen Finanzkennzahlen entwickelten sich wie folgt: Der Auftragseingang erreichte mit 1.852,9 Mio. € ein gutes Niveau und lag um 11,7 % über dem Vorjahresvergleichsquartal. Der Auftragsstand per 31. März 2020 betrug 7.924,6 Mio. € und ist damit gegenüber 2019 angestiegen. Der Umsatz lag mit 1.510,2 Mio. € um 1,4 % geringfügig über dem Vorjahresvergleichsquartal. Trotz des geringfügig erhöhten Umsatzes ging das EBITA im Jahresvergleich deutlich zurück und betrug 70,1 Mio. € (–15,3 %). Damit einhergehend verringerte sich auch die Rentabilität der Gruppe (EBITA-Marge) auf 4,6 % (Q1 2019: 5,6 %). Während der Geschäftsbereich Pulp & Paper das Ergebnis im Jahresvergleich steigern und die Rentabilität auf sehr gutem Niveau halten konnte, reduzierte sich das EBITA in den Bereichen Metals und Hydro deutlich.

Der Geschäftsbereich Metals war im Berichtszeitraum sowohl im Bereich Metals Forming als auch im Bereich Metals Processing mit sehr schwierigen Marktbedingungen konfrontiert. Insbesondere der Bereich Metals Forming (Schuler) verzeichnete, bedingt durch die Krise in der internationalen Automobilindustrie und der damit verbundenen Unterauslastung, einen deutlichen Ergebnisrückgang. Der zu Ende des letzten Jahres eingeleitete Kapazitätsabbau in Deutschland wird erst im Verlauf des zweiten Halbjahrs 2020 und verstärkt dann im Jahr 2021 wirksam werden. Insgesamt verringerte sich das Konzernergebnis (nach Abzug von nicht beherrschenden Anteilen) auf 31,5 Mio. € (Q1 2019: 33,6 Mio. €).

Ausblick

Aufgrund der unverändert schwierigen globalen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, bedingt durch die Covid-19-Pandemie, und der fehlenden Visibilität hinsichtlich deren weiterer Entwicklung, kann aus heutiger Sicht weiterhin keine zuverlässige Aussage hinsichtlich der erwarteten Umsatz- und Ergebnisentwicklung der Andritz-Gruppe im Jahr 2020 getroffen werden. Andritz hat als Reaktion auf die negativen wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Krise sofortige Anpassungsmaßnahmen eingeleitet, die sowohl auf die Erzielung kurzfristiger Kosteneinsparungen als auch eine mittelfristige Optimierung der Kostenstrukturen fokussieren.

Dr. Wolfgang Leitner, Vorstandsvorsitzender der Andritz AG: „Die Visibilität hinsichtlich der Projektaktivität in den von uns bedienten Märkten ist aktuell immer noch sehr gering. Wir verfolgen die Situation genau und werden je nach Entwicklung weitere Schritte setzen, um die finanziellen Auswirkungen so gering wie möglich zu halten und die Wettbewerbsfähigkeit von Andritz sicherstellen zu können.“

Schlagworte

CoronaStahlhandelStahlindustrieZulieferindustrie

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