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02.12.2021

Studie empfiehlt vollständige Übernahme des Stahl-Schrottbonus in europäischen Emissionshandel

Im Jahr 2019 wurde in einer Studie das Konzept des »Schrottbonus« entwickelt, der die gesellschaftlichen Vorteile durch CO2-Einsparung beim Einsatz des Rohstoffs Schrott im Vergleich zur Herstellung von Stahl aus Erzen in Euro darstellt. Mit der am 25. November 2021 präsentierten Forschungsarbeit »Schrottbonus Konkret« des Fraunhofer IMW im Auftrag der Bundesvereinigung Deutscher Stahlrecycling- und Entsorgungsunternehmen (BDSV) wurde dieses Konzept weiterentwickelt und operationalisiert. Mittels des Schrottbonus lassen sich die substanziellen Beiträge des Rohstoffs Schrott zum Klimaschutz in der Stahlproduktion aufzeigen. Der Schrottbonus ist in den europäischen Preismechanismus zu integrieren, um als Instrument für fairen Wettbewerb in den globalen Wertschöpfungsketten der Stahlherstellung zu wirken.

Jede vermiedene Tonne CO2 hilft das 2-Grad-Ziel mit gesenkten Kosten zu erreichen. Mit den Umweltschutzwirkungen des Schrotteinsatzes sind ökonomische Vorteile verbunden. Die gesellschaftlichen Vorteile, die mit jeder Tonne Stahlschrott verbunden sind, werden als »Schrottbonus« bezeichnet. Dieser liegt zwischen 80 Euro und 213 Euro pro Tonne Kohlenstoffstahlschrott, für Edelstahlschrott beläuft er sich auf 158 Euro bis 502 Euro. Die aktuelle Studie der Forschenden des Fraunhofer-Zentrum für Internationales Management und Wissensökonomie IMW im Center for Economics of Materials untersucht, inwieweit die europäische Klimapolitik den Schrottbonus in den Preismechanismus integriert. Sie identifiziert Lücken, die einem fairen Wettbewerb entgegenstehen und schlägt Maßnahmen vor, um diese Lücken zu schließen und Anreize für eine effiziente und klimafreundliche Stahlherstellung zu schaffen.

»Für einen fairen Wettbewerb zwischen den Rohstoffen der Stahlherstellung, müssen Marktpreise die gesellschaftlichen Vor- und Nachteile der Rohstoffe widerspiegeln.Daher sollte der Schrottbonus im Preissystem »internalisiert« werden,« sagte der Projektleiter Prof. Dr. Frank Pothen.

Jede eingesetzte Tonne Kohlenstoffstahlschrott spart, im Vergleich zur Stahlerzeugung aus Erzen und Koks, 1,67 t CO2 ein. Das Recycling einer Tonne Edelstahlschrott vermeidet 4,3 t CO2. Im Jahr 2018 wurden in Europa etwa 94 Mio. t Schrott eingeschmolzen. Dadurch wurden ca. 157 Mio. t CO2 eingespart. Dies entspricht den jährlichen Emissionen des gesamten privaten und gewerblichen Kraftfahrzeugverkehr aller Automobile in Frankreich, England und Großbritannien.

Das Europäische Emissionshandelssystem (EU-ETS) als zentrales Instrument europäischer Klimapolitik, trägt dazu bei, den Schrottbonus in den Preisen von Rohstoffen und Stahl zu internalisieren. Im EU-ETS bestehen jedoch Lücken, die einer vollständigen Internalisierung des Schrottbonus im Weg stehen und die auch durch die aktuellen Reformvorschläge der Europäischen Kommission nicht geschlossen würden. Bis 2030 sollen die Treibhausgasemissionen Europas gegenüber 1990 um 55 Prozent sinken.

Um dieses Ziel zu erreichen, hat die EU-Kommission im Juli 2021 das Maßnahmenpaket »Fit-for-55« vorgeschlagen, das eine Revision des Emissionshandels beinhaltet. Zur Vermeidung von Carbon Leakage (Abwanderung emissionsintensiver Wirtschaftszweige aufgrund weltweit unterschiedlicher CO2-Preise) schlägt die Europäische Kommission einen »Carbon Border Adjustment Mechanism« (CBAM) genannten CO2-Grenzausgleichsmechanismus vor, der die Bepreisung von Treibhausgasemissionen auf ausgewählte importierte Produkte ausdehnt und die kostenlose Zuteilung von Emissionsrechten mittelfristig ersetzen soll. Der CBAM würde die direkten Emissionen der Herstellung von importiertem Stahl mit einem Preis versehen und den Einsatz von Schrott in der Stahlherstellung außerhalb Europas belohnen. Die Reformen des Fit-for-55-Pakets werden voraussichtlich überwiegend zur Mitte der Dekade umgesetzt. Die Einführung des CBAM ist für 2026 geplant. Rohstoffe wie Erze, Kohle und Zwischenprodukte der Stahlherstellung wären aber weiterhin von EU-ETS und CBAM ausgenommen. Dadurch würden Primärrohstoffe gegenüber dem Recyclingrohstoff Schrott bevorzugt. Aus diesem Grund sollten Rohstoffe und Zwischenprodukte der Stahlherstellung sowohl vom EU-ETS als auch vom CBAM erfasst werden.

Mit einer Übergangslösung könnten die positiven ökologischen Wirkungen des Schrotteinsatzes schon jetzt und nicht erst bei einer Überarbeitung des CBAM internalisiert und zusätzliche Anreize zur Schließung von Wertstoffkreisläufen gesetzt werden. Dazu könnte die kostenlose Zuteilung von Emissionsrechten an den Schrotteinsatz gekoppelt werden. Es entstünde ein geldwerter Vorteil des Schrotteinsatzes, dessen Höhe an den CO2-Preis gebunden ist. Die Verknüpfung von kostenloser Zuteilung von Emissionsrechten und Schrotteinsatz wäre ein Übergangsinstrument, bis der CO2-Grenzausgleichmechanismus seine Wirkung vollständig entfaltet. Alternativ könnte der Schrotteinsatz über eine verpflichtende Schrotteinsatzquote angeregt werden. Im Vergleich zu einem positiven Anreiz für den Schrotteinsatz wäre diese mit einem stärkeren Markteingriff verbunden, könnte den europäischen Stahlsektor belasten und eröffnet die Frage, ob eine verpflichtende Schrotteinsatzquote auch auf importierten Stahl anwendbar wäre.

Am 17.11.2021 hat die Europäische Kommission die Revision der EU-Abfallrahmenrichtlinie veröffentlicht, in der weitreichende Beschränkungen des internationalen Handels mit Schrotten vorgeschlagen werden.

»Wir lehnen diese Beschränkungen des internationalen Handels ab, weil dies zu niedrigeren Schrottpreisen innerhalb Europas führt und ein wirtschaftliches Recycling nicht mehr möglich macht. Gleichzeitig steigt das weltweite Schrottaufkommen deutlich. 2030 werden wir die 1-Milliarden-Tonnengrenze durchbrechen. Exporteinschränkungen sind deshalb vollkommen unnötig,« so BDSV Präsident Andreas Schwenter bezugnehmend auf die Fraunhofer-Studie. »

Die Beschränkungen des grenzübergreifenden Schrotthandels führen zu steigenden CO2-Emissionen und untergraben Klimaschutzbemühungen. Klimaschutz macht nicht an den Grenzen halt,« so Schwenter weiter.

(Quelle: BDSV – Bundesvereinigung Deutscher Stahlrecycling- und Entsorgungsunternehmen e.V. und Fraunhofer IMW)

 

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