Wirtschaft
Martina Merz, Vorstandsvorsitzende der thyssenkrupp AG - Photo: thyssenkrupp
13.05.2022

thyssenkrupp im 2. Quartal des Geschäftsjahres 2021/2022 mit starker Dynamik

Trotz der gesamtwirtschaftlichen und geopolitischen Herausforderungen konnte thyssenkrupp im 2. Quartal des laufenden Geschäftsjahres 2021/2022 an die gute Geschäftsentwicklung des 1. Quartals anknüpfen. So stiegen die Auftragseingänge1 der Unternehmensgruppe gegenüber dem vergleichbaren Vorjahreszeitraum um über 50 Prozent auf insgesamt 13,6 Mrd €. Wesentliche Treiber waren die für viele Materialien und Werkstoffe gestiegenen Marktpreise bei Materials Services und Steel Europe sowie ein Großauftrag im Marinebereich. Auch der Umsatz verzeichnete ein Plus von 24 Prozent und stieg im 2. Quartal auf 10,6 Mrd € (Vorjahr: 8,6 Mrd €). Das Bereinigte EBIT betrug 802 Mio € und lag damit deutlich über dem Vorjahreswert von 220 Mio € und auch über dem Vorquartal (378 Mio €).

Ursächlich für diesen Ergebnisanstieg waren insbesondere steigende Erlöse und Margenverbesserungen bei Materials Services und Steel Europe. Diese konnten die vor allem in den auto- und komponentenbezogenen Geschäften spürbaren Belastungen aus steigenden Vormaterial-, Logistik- und Energiekosten sowie der Verschärfung der Lieferkettenproblematik überkompensieren. Positive Effekte aus den Performance- und Effizienzmaßnahmen haben diese Entwicklung unterstützt.

Angesichts der guten Geschäftsentwicklung im 1. Halbjahr und den derzeit zugrundeliegenden Annahmen hat thyssenkrupp die Prognose für das laufende Geschäftsjahr sowohl mit Blick auf Umsatz als auch Ergebnis angehoben. Die im März ausgesetzte Prognose für den Free Cashflow vor M&A wurde wieder aufgenommen. Hier erwartet das Unternehmen aufgrund der gestiegenen Rohstoff- und Materialpreise sowie verzögerter Kundenabrufe einen negativen Wert im mittleren dreistelligen Millionen-€-Bereich.

Martina Merz, Vorstandsvorsitzende der thyssenkrupp AG: „Trotz erschwerter Bedingungen in unseren auto- und komponentenbezogenen Geschäften hatten wir ein gutes zweites Quartal. Wir haben Resilienz bewiesen und unser Ergebnis deutlich verbessert. Die erheblichen Marktpreissteigerungen bei Materials Services und Steel Europe tragen einen deutlichen Teil dazu bei. Aber auch die Steigerung unserer Performance und die Fokussierung unseres Portfolios zahlen sich aus – besonders in diesen volatilen Zeiten. Mit unserer dezentralen Aufstellung als Unternehmensgruppe sind wir in der Lage, schneller als in der Vergangenheit auf neue Herausforderungen zu reagieren. Deshalb arbeiten wir weiter mit Hochdruck an unserer Transformation: In der aktuellen Situation kommt es in erster Linie darauf an, den Schwerpunkt weiter auf Performance zu legen und den Anforderungen unserer Kunden gerecht zu werden. In diesen herausfordernden Rahmenbedingungen leisten unsere Mitarbeitenden weltweit eine beeindruckende Arbeit. Daran wollen wir weiter anknüpfen. Gleichzeitig analysieren wir sehr genau, wie die geopolitischen Veränderungen mittel- und langfristig Liefer- und Wertschöpfungsketten verändern können.“

Neben der Ergebnisentwicklung sind die Portfoliomaßnahmen Beleg für die Fortschritte der Transformation. thyssenkrupp hat in den vergangenen Monaten mit der Schließung des Grobblechwerks in Duisburg, der Unterzeichnung des Vertrags zum Verkauf des Mining-Geschäfts und den abgeschlossenen Verkäufen der Geschäftsbereiche Carbon Components und Infrastructure sowie Ende Januar des Edelstahlwerks in Terni (AST) die Fokussierung des Portfolios vorangetrieben. Ebenso sind die Vorbereitungen für die geplanten M&A-Prozesse für die Geschäftseinheiten Automation Engineering und Springs & Stabilizers gestartet. Darüber hinaus hat thyssenkrupp bei der notwendigen Anpassung der Beschäftigung weitere Fortschritte gemacht. Von den angekündigten mehr als 12.000 Stellen bis zum Geschäftsjahr 2023/2024 hat das Unternehmen bereits rund 8.900 Stellen sozialverträglich abgebaut – davon rund 1.200 im 1. Halbjahr 2021/2022.

Aufgrund höherer Materialpreise konnte Materials Services im 2. Quartal des laufenden Geschäftsjahres 2021/2022 ein deutliches Plus im Auftragseingang (+1,4 Mrd €) und im Umsatz (+1,6 Mrd €) auf 4,5 Mrd € bzw. 4,4 Mrd € verbuchen. Auch das Bereinigte EBIT lag mit 336 Mio € deutlich über Vorjahr (126 Mio €). Dies ist vor allem auf Margenverbesserungen infolge von gestiegenen Materialpreisen und von Ergebniseffekten der konsequent umgesetzten Transformation zurückzuführen.

Industrial Components verzeichnete durch die positive Entwicklung im Schmiedegeschäft im Auftragseingang und Umsatz insgesamt Zuwächse von 8 bzw. 13 Prozent. Sowohl die Großwälzlager als auch das Schmiedegeschäft profitierten vor allem von Zuwächsen bei den Industriekunden. Im Bereich Großwälzlager führten allerdings Nachfragerückgänge insbesondere im Bereich Windenergie in China zu einem insgesamt leicht niedrigeren Auftragseingang und Umsatz als im Vorjahr. Hier spiegeln sich wie auch schon im 1. Quartal die durch Subventionen begünstigten Vorzieheffekte im Vorjahresquartal wider. Das Bereinigte EBIT des Segments lag mit 65 Mio € unter Vorjahr (97 Mio €). Ursächlich waren nicht nur die rückläufige Umsatzentwicklung bei den Großwälzlagern, sondern auch die deutlich gestiegenen Material-, Energie- und Frachtkosten. Effizienz- und Kostensenkungsmaßnahmen konnten diese Entwicklung nicht vollständig kompensieren.

Automotive Technology lag sowohl im Auftragseingang als auch im Umsatz mit 4 bzw. 2 Prozent unter dem Vorjahr. Hier machen sich weiterhin die andauernden Engpässe in der Versorgung insbesondere mit elektronischen Halbleiterprodukten bemerkbar, die zu einem Rückgang der Kundenabrufe führten. Verstärkt wurde der Effekt im März durch kundenseitige Produktionsstillstände infolge des Kriegs in der Ukraine und durch pandemiebedingte Werksschließungen bei Kunden, Lieferanten und eigenen Werken in China. Die gestiegenen Faktorkosten – speziell im Logistik- und Materialbereich – belasteten das Ergebnis zusätzlich. Infolgedessen lag das Bereinigte EBIT mit 3 Mio € unter dem Vorjahr (75 Mio €). Eine strikte Kostenkontrolle, die Flexibilisierung des Personaleinsatzes sowie die Verhandlung neuer Preiskonditionen konnten die negativen Effekte teilweise auffangen.

Auch das Geschäft von Steel Europe wurde im 2. Quartal durch die Lieferengpässe und der damit verbundenen schwächeren Kundenabrufe insbesondere aus der Automobil- und Zuliefererindustrie beeinträchtigt. Sowohl der mengenmäßige Auftragseingang als auch der Versand lagen unter Vorjahr. Höhere Preise führten aber zu einem deutlichen Anstieg im Auftragseingang um 39 Prozent und im Umsatz um 52 Prozent auf jeweils 3,4 Mrd €. Somit verbesserte sich das Bereinigte EBIT trotz stark ansteigender Rohstoff- und Energiekosten durch den merklichen Anstieg in den Durchschnittserlösen deutlich auf 479 Mio € (Vorjahr: 47 Mio €). Zu dieser Ergebnisverbesserung haben auch positive Effekte aus den fortschreitenden Restrukturierungen und den laufenden Performancemaßnahmen im Zuge der Umsetzung der „Stahlstrategie 20-30“ beigetragen.

Marine Systems konnte den Auftragseingang aufgrund eines im Januar unterzeichneten und im Februar verbuchten Großauftrags im Unterwasserbereich auf 3,1 Mrd € (Vorjahr: 405 Mio €) deutlich steigern. Mit rund 14 Mrd € verzeichnet das Segment zum 31. März 2022 ein Rekord-Hoch in seinem Auftragsbestand. Der Umsatz lag mit 476 Mio € unter dem Vorjahr (689 Mio €), in dem eine Ablieferung eines Großauftrags enthalten war. Das Bereinigte EBIT war mit 3 Mio € positiv und lag leicht über Vorjahresniveau (Vorjahr: 2 Mio €).

Das Segment Multi Tracks2 verzeichnete im Auftragseingang und Umsatz Rückgänge von 5 bzw. 30 Prozent auf 1,3 bzw. 1,0 Mrd €. Diese waren insbesondere auf die Verkäufe des Edelstahlgeschäfts und des Geschäftsbereichs Infrastructure sowie die Schließung des Grobblechwerks zurückzuführen. Deutliche Steigerungen im Auftragseingang zeigten der Anlagenbau und thyssenkrupp nucera, die ein hohes Wachstum im Chlor-Alkali Servicegeschäft in Deutschland und Japan verzeichnen konnten und die Vergabe eines größeren Wasserstoff- Projekts in den USA für sich entschieden haben. Höhere Auftragseingänge verbuchte auch Automation Engineering, das einen Auftrag für eine Modullinie im Bereich Battery gewinnen konnte.

Das Bereinigte EBIT des Segments wies mit -33 Mio € einen deutlich verringerten Verlust gegenüber dem Vorjahr auf (-80 Mio €). Dazu beigetragen haben insbesondere die positive Entwicklung des Edelstahlgeschäfts bis zu seinem Verkauf Ende Januar 2022 und die entfallenden Verluste des zum 30. September 2021 geschlossenen Grobblechwerks.

In der Zentrale konnte thyssenkrupp die Verwaltungskosten weiter reduzieren. Das Bereinigte EBIT von Corporate Headquarters lag bei -36 Mio € (Vorjahr: -49 Mio €).

Unter dem Strich konnte thyssenkrupp im 2. Quartal 2021/2022 das Periodenergebnis deutlich um 775 Mio € auf 587 Mio € steigern. Nach Abzug der Minderheitenanteile lag das Netto-Ergebnis bei 565 Mio € (Vorjahr: -211 Mio €); das Ergebnis je Aktie betrug 0,91 € (Vorjahr: -0,34 €).

Der Free Cashflow vor M&A war mit -772 Mio € wie angekündigt deutlich negativ (Vorjahr -750 Mio €). Die stark gestiegenen Rohstoff- und Materialpreise und verzögerte Kundenabrufe haben zu einem temporären, stark preisgetriebenen Aufbau des Umlaufvermögens geführt.

Klaus Keysberg, Finanzvorstand der thyssenkrupp AG: „Die dynamische Entwicklung bei den Rohstoff- und Materialpreisen belasten derzeit unseren Cashflow. Wir gehen aber davon aus, dass wir uns in den Folgequartalen sequenziell verbessern werden. Die Rückkehr zu einem positiven Free Cashflow vor M&A bleibt unser vorrangiges Ziel. Daher ist es wichtig, die Leistungsfähigkeit unserer Geschäfte weiter zu verbessern.“

Das Netto-Finanzguthaben der Gruppe belief sich zum 31. März 2022 auf 2,4 Mrd € (Stand 31. Dezember 2021: 2,7 Mrd €). Mit flüssigen Mitteln und freien zugesagten Kreditlinien von insgesamt 8,0 Mrd € verfügt thyssenkrupp zum 31. März 2022 weiterhin über eine sehr gute Liquiditätssituation. Der zum 31. Januar 2022 erfolgte Verkauf des Edelstahlgeschäfts führte insgesamt zu einer Verbesserung der Nettofinanzposition der Gruppe um mehr als 600 Mio €.

Das Eigenkapital hat sich gegenüber dem 31. Dezember 2021 von 11,4 Mrd € auf 12,8 Mrd € verbessert. Neben dem erzielten Periodenüberschuss ergaben sich insbesondere positive Effekte durch das gestiegene Zinsniveau und die daraus folgende Neubewertung der
Pensionsverpflichtungen. Prognose für das Geschäftsjahr 2021/2022 angepasst

Trotz der gesamtwirtschaftlichen und geopolitischen Herausforderungen – und der damit einhergehend eingeschränkten Prognosefähigkeit – hat thyssenkrupp seine Umsatz- und Ergebnisprognose für das Geschäftsjahr 2021/2022 angehoben. Der Prognose liegen dabei zwei Annahmen zugrunde.

Erstens: Notwendige fossile Energieträger (insbesondere Erdgas) und Rohstoffe sind weiterhin uneingeschränkt verfügbar. Zweitens: Die Preise für Rohstoffe und Energie bewegen sich für das restliche Geschäftsjahr auf den durchschnittlichen Niveaus des 2. Quartals.

Unter diesen Annahmen soll der Umsatz voraussichtlich deutlich über Vorjahr liegen und im niedrigen zweistelligen Prozentbereich wachsen (bisher: Wachstum im mittleren einstelligen Prozentbereich; Vorjahr: 34 Mrd €). Für das Bereinigte EBIT erwartet thyssenkrupp eine deutliche Verbesserung auf einen Wert von mindestens 2,0 Mrd € (bisher: Verbesserung auf einen Wert zwischen 1,5 bis 1,8 Mrd €; Vorjahr: 796 Mio).

Darüber hinaus hat das Unternehmen auch die im März zeitweise ausgesetzte Prognose für den Free Cashflow vor M&A vor allem zur Verbesserung der Transparenz bei ungewissen Rahmenbedingungen wieder aufgenommen und erwartet eine signifikante Verbesserung gegenüber dem Vorjahr auf einen negativen Wert im mittleren dreistelligen Millionen-€-Bereich (Vorjahr: -1,3 Mrd €). In Anbetracht der aktuell hohen Volatilität, sowohl in Bezug auf Rohstoff- und Energiepreise als auch hinsichtlich des Abrufverhaltens der Kunden aus dem Automobilsektor, schließt thyssenkrupp nicht aus, die avisierte Bandbreite im Verlauf des Geschäftsjahres entsprechend weiter anzupassen.

Für den Jahresüberschuss rechnet die Gruppe weiterhin mit einem Wert von mindestens 1,0 Mrd € (Vorjahr: -25 Mio €).

(Quelle: thyssenkrupp AG)

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